Reduce to the Max, Goaly und die Selbstwirksamkeitserwartung

Eine Bilderläuterung auf die Schnelle

Erstaunlich: Auch für so ein persönliches Gesamtprojekt namens „Ich will mit weniger Druck und weniger Stress und mehr Zeit für neue Konzepte unterrichten“ kann man unsere wirksamen Fünf wunderbar verwenden. Immerhin decken sie die fünf wichtigsten Prinzipien agiler Konzepte ab. Wichtig: Es müssen alle Fünf bedacht sein. Weder Goaly noch Flexi, weder Teamy noch Feedy und natürlich auch Framy dürfen fehlen. Mein Tipp: Selbst einmal für eigene Projekte ausprobieren, wenn sie erfolgreich werden sollen.

 


Ich starte den Blog-Fünfteiler Goaly - Flexi - Teamy - Feedy und Framy zum Thema: 

Durch Reduzieren bessere Ergebnisse im Unterricht erzielen - oder - Sich Zeitgefäße schaffen - ohne schlechtes Gewissen.
Oder eben: De-Implentierung leicht gemacht.

 

Ich  nehme als Grundlage des Fünfteilers drei Dinge: 1. Die Hattie-Studie  2. ein paar Rückblicke auf frühere zentrale eigene Arbeits-Reduktionen samt Zeitgewinnung und 3. als Assistenz nehme ich mir die fünf Wirksamen mit ins Erzählerboot.


Ich beginne mit Goaly

 

Das Ziel einer jeden Lehrperson sollte es sein, einen guten Job zu machen. Ich denke, da sind wir uns alle einig. Schule entstand, um die Fähigkeiten von jungen Menschen möglichst effektiv zu entwickeln. Fachlich wie auch persönlich. Allerdings: Man kann als Lehrperson selbst dieses Ziel nur dann erfolgreich ansteuern, wenn es einem persönlich gut geht. Lehrer:in sein muss einem selbst gut tun. Das erfordert viel Flexi und ein gutes Selbstverständnis der eigenen Rolle. 

„Mir muss es gut gehen, dann geht es euch in meinem Unterricht am besten. Also lasst uns gemeinsam einen guten Job machen.“ Das war früher immer mein Standardsatz. (Für die, die mich noch nicht kennen: Ich war 35 Jahre Physik- und Mathelehrer an einem südbadischen Gymnasium.) Klar, damals war Agile Bildung noch nicht „erfunden“, aber rückblickend habe ich wohl intuitiv immer gut für mich gesorgt. Denn Schule, ja, das war für mich immer ein sehr spannender Lebensraum. Der mich als Vierfachopa auch 9 Jahre nach meiner Pensionierung noch immer fesselt. Und gleichzeitig heftig ärgert, weil sie sich nur im Schneckentempo verändert und es einfach nicht in der Breite schafft, den Sprung in die Gegenwart zu wagen. Sich an ein Europa des 21. Jahrhunderts anzupassen. Mit John Hattie und seiner wissenschaftlichen Studie uneffektive zeitraubende Unterrichtsansätze über Bord zu werfen, um Zeit für entwicklungsorientierte moderne Konzepte zu schaffen. Die man dringend benötigt, weil: Diese Welt benötigt für eine erfolgreiche Zukunft die vielen klugen Köpfe, die heute in den Schulbänken sitzen. Außerdem: Der Lehrperson muss es beim Lehren gut gehen, sie darf sich nicht überlasten, wenn sie einen guten Job machen will. 

Die Hattie-Studie kann dabei eine assistierende Rolle einnehmen, um dem schlechten Gewissen aktiv vorzubeugen, wenn man Dinge aus seinem Unterricht streicht, die alle anderen Kolleg:innen machen, als wären sie in Stein gemeiselt.

 

Die Sache mit der Lambda-Schwelle

Ich denke, ich brauche alle 5 geplanten Blogbeiträge, um meine Denkweise zu erklären und ihre Richtigkeit zu untermauern. Deshalb: Geduld.

 

Ich glaube, mein Ur-Aha-Erlebnis zum Goaly-Thema „effektiv lernen“ kommt aus den ersten Jahren als Vertrauenslehrer an meiner Schule. Zwei Siebtklässlerinnen kamen ganz aufgeregt zu mir. Ihre Mathelehrerin wäre so gemein zu ihnen. Sie würde sie hassen. Sie würden nie aufgerufen, wenn sie sich meldeten, aber oft genau dann aufgerufen, wenn sie manchmal nicht aufpassten. Sie hätte Lieblingsschüler und sie beide würden auf der Abschussliste stehen. Ihre Noten würden entsprechend schlecht aussehen. Und, und, und. Einfach ganz schrecklich.
Es kam mir komisch vor, denn ich kannte die Kollegin als sehr fair, nett und unkompliziert. „Passt auf, ich rede mit eurer Lehrerin und ihr kommt in zwei Wochen wieder vorbei. Dann schauen wir, ob sich etwas verändert hat.“ Nach zwei Wochen kamen die beiden und … ich hatte komplett vergessen, mit der Kollegin zu sprechen. Ja klar, es war mir sehr peinlich, als die beiden auf mich zukamen … „Und? Wie läuft es inzwischen?“ Ich wollte Zeit gewinnen. „Herr Bayer. Alles ist jetzt bestens. Man merkt, dass Sie mit unserer Lehrerin gesprochen haben. Sie ist jetzt richtig freundlich zu uns und wir haben schon beide eine gute Note geschrieben. Danke, danke.“ Ich beschloss spontan, einfach nichts zu sagen. Es so stehen zu lassen. „Ja super. Und wenn es wieder Probleme gibt, dann kommt ihr einfach vorbei.“ Strahlend zogen die beiden weiter. Ich ging natürlich sofort zu meiner Kollegin. „Kannst du mir bitte etwas zu deinen beiden Schülerinnen erzählen.“ Ich kannte die beiden ja überhaupt nicht. „Da ist ein Wunder passiert.“ meinte meine Kollegin. „Die beiden sind von einem Tag auf den anderen plötzlich ganz freundlich und machen gut mit. Ich dachte immer, sie hassen mich, warum auch immer. Und jetzt drehen sie auf und haben schon ne super Arbeit geschrieben.“ Ich erzählte ihr die Geschichte, bat sie aber, auch nichts zu sagen. Ich wollte das Wunder nicht antasten. :-) Natürlich habe ich bei den beiden Schüler:innen die Jahre danach am Jahresende in die Zeugnislisten geschaut. Die Mathenoten lagen immer im grünen Bereich … in der Oberstufe wählten beide Leistungskurs Mathe und schlossen mit 12 und 13 Punkten ab. Erst an der Abiball-Bar habe ich dann das Geheimnis aus der 7. Klasse gelüftet und einen Sekt ausgegeben. :-)

Ja dieses kleine Ereignis hat mir früh eines gezeigt: 

Noten und Fähigkeiten sind einfach nicht vergleichbar. 

Und: Lehrer-Schüler-Beziehungen spielen eine maximale Rolle. 

Außerdem: Die eigene Wirksamkeitserwartung ist ein echter Motor des Lernens.  

 

30 Jahre später konnte ich es in der Hattie-Studie nachlesen: 

In der Studie 2020 steht ganz oben in der Effektiv-Liste der Faktoren: 

Zu wissen wie man selbst und innerhalb seiner Peer-Group leistungsmäßig steht 

Und: Die kollektive Wirksamkeitserwartung. 

Außerdem: Alles ist nur mit konstantem Feedback zu erreichen. 

Auch das steht in der Hattie-Studie ganz weit oben. Gutes Feedback funktioniert natürlich nur auf Augenhöhe. Beziehungsebene stärken. Ich nenne dies als Physiker auch gerne Lambda-Ebene. https://www.aufeigenefaust.com/otto-kraz/otto-kraz-for-lambda/ „Beziehung“ ist schon ein wenig belegt mit „Nett finden“. Aber man muss seinen Lehrer nicht toll finden, um die Lambda Ebene zu stärken, um damit gutes gegenseitiges Feedback zu realisieren. Man muss es nur schaffen, die Lambda-Schwellen zu beseitigen. Oft ist sie einseitig wie damals bei der Mathekollegin.( Oberes Bild )

https://www.aufeigenefaust.com/2023/02/23/kapitel-23-die-lambda-schwelle/

 

De-Implementierung

Ich hatte als junger Lehrer früh aus der Not eine Tugend gemacht - Vertrauenslehrer bekamen damals eine Stunde Deputatsnachlass. Ich benötigte für meine außerunterrichtliche Arbeit aber viel mehr Stunden. Also musste ich Dinge im Unterricht weglassen, ohne Goaly aus den Augen zu verlieren: Die möglichst gute fachliche Förderung meiner Schüler:innen. 

Einer meiner Entscheidungen in Physik: Die Hausaufgaben und die Hausaufgabenkontrolle meistens wegzulassen - für mich eine meiner individuellen Ansätze. Heute kann ich das ja sagen. Fast 10 Jahre nach meiner Pensionierung. Und ja, ich hatte tatsächlich dabei immer ein schlechtes Gewissen, weil meine Physik-Kolleg:innen darüber ja stöhnten, wie viel Zeit das Thema Hausaufgaben fraß. Nicht bei mir. 😎

Und in Mathematik versuchte ich, meinen Schüler:innen die wenigen Hausaufgaben immer nur als reines Feedback für sich selbst zu vermitteln. Wer sie nicht machte war „selbst schuld“. Vergab sich eine Chance.

 

Hätte ich damals schon die Hattie Studie als Background gehabt, in der Hausaufgaben ganz weit hinten rangieren, außer die Schüler:innen machen sie von sich aus und sehen sie positiv als Feedbackmethode, hätte ich mir vielleicht mein schlechtes Gewissen schenken können. 

So habe ich mich eben immer an die meist recht erfolgreichen Abitursnoten meiner Schüler:innen gehalten, um mein schlechtes Gewissen zu beruhigen. 

 

Fortsetzung folgt: Ich werde weiter vertiefen. Nach Jahrzehnten kann ich so das schlechte Gewissen meiner früheren De-Implementierung endlich verarbeiten. 🥳

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Wir von der Hochschule für agile Bildung haben beschlossen, die wirksamen Fünf auch aktiv in Online-Workshops zu verbreiten.


18. September - für das Forum agile Verwaltung - kostenloser Probelauf. 😎

https://www.eventbrite.de/e/impuls-in-der-mittagspause-5-wirksame-prinzipien-in-seminaren-workshops-tickets-917735951937


1. Oktober

https://www.eventbrite.de/preview?eid=980453401517

10. Oktober
https://www.eventbrite.ch/e/superkrafte-fur-den-unterricht-unter-und-mittelstufe-tickets-987123652417


10. Oktober
https://www.eventbrite.ch/e/lernen-starken-mit-den-wirksamen-funf-tickets-987142157767