Die Brain Travelling Tour und das Wurmloch Konzept

Als unsere Urahnen in die Pubertät kamen, wurden ihre Eltern gebrechlich und sie mussten anfangen, Verantwortung zu übernehmen. Wir sollten darauf zurückgreifen und anfangen, jungen Menschen spätestens mit der Pubertät die Verantwortung für ihre eigene Bildung übertragen. Wir können in Europa nicht durch Drill und Druck das für die Zukunft notwendige Bildungslevel erzwingen. Wir können es aber wesentlich erfolgreicher erreichen, indem wir auf das „viel frühere auf eigenen Beinen stehen“ setzen. 

 

Ich setze im Moment auf einen minimalinvasiven Eingriff in die vorhandenen Unterrichtsstrukturen und zuerst nur für einen kleineren Teil einer Klasse, um es dann über positives „Infizieren“ auf die Mehrheit zu übertragen. Einen gewisser Anteil wird es sicher für lange Zeit geben müssen , für den es sinnvoll bleibt, dass man ihn beim Lernen „fest an die Hand nimmt.“ Old School für ein paar, New School für die große Mehrheit. 

Nur ein Traum?

Ich denke, nein.

 

Mein Vorschlag … Ich nehme jetzt bewusst das kollegiale Du, weil ich mich an Lehrkräfte wende, die Lust auf Veränderung ihres Unterrichts haben.

 

1 Lese dich einmal in die Gedankenwelt der Brain Travelling Tour ein. 

 

2 Wenn du deine eigenen Überlegungen zum Unterricht der Zukunft wiederfindest, stelle die BTT deiner Klasse vor und erzähle ihnen von der Behauptung von diesem Otto Kraz, dass man mit der BTT Schüler:innen zu SchüLehr:innen ausbilden könne. Und schwärme von den Vorteilen, die jeder davon hätte, auch du selbst. Halte dich dabei nicht stur an die Vorlagen … die Hefte wurden für eine berufliche Schule entwickelt und dort für zwei spezielle Klassen. Also trau dich, eigene Ideen einzubauen. Der Kopierer deiner Schule hilft dir dabei, deine eigene Brain Travelling Tour Werbung aufzusetzen. 

 

3 Nutze die Bilder aus den Heften - speziell vielleicht auch die Wochenblätter aus dem LOOUIS-Heft - um Wandwerbung im Klassenraum zu machen, um immer wieder auf die Tour zu verweisen. 

 

4 Wenn du meinst, es wäre an der Zeit, das Experiment zu beginnen, dann schicke eine Abenteuer-Crew los, die mit Unterstützung des Transparency Books und des Brain Travelling Books, das Abenteuer wagen sollen, sich vom Präsenzunterricht für ein, zwei Wochen zu lösen und euch selbstständig zu „überholen“. Ich habe die Idee schon früher gerne mit dem Wurmloch-Prinzip beschrieben. https://www.aufeigenefaust.com/physik/

 

5 Eine Crew könnte sich nach den wirksamen Fünf organisieren.   Goaly, Flexi, Feedy, Teamy und Framy. Nachdem wir diese Fünf Gesell:innen an der HfaB entwickelt haben, hat eine Kollegin in Hessen damit experimentiert, 5 Rollen verteilt und sehr erfolgreich, wie sie schrieb, ein Theaterstück von Schüler:innen entwickeln lassen. Goaly achtet auf das Ziel, Flexi darauf, dass man nicht zu starr vorgeht, Feedy gibt dauernd Feedback, Teamy achtet auf den Teamgeist und Flexi achtet auf die Prinzipien der Brain Travelling Tour, denn sie ist das Framework. 

 

6 In meiner Brain Travelling Tour taucht noch Crunchy auf … da ich eine spezielle Ecke zum Knacknüsse knacken ins Brain Travelling Heft eingebaut habe und für „Sorgenkinder“, die am Ende eine spezielle Betreuung benötigen, weil sie nicht selbstständig loslaufen können, den LOOUIS angedacht habe. Frei nach LUUISE https://deutsches-schulportal.de/unterricht/luuise-verfahren-unterrichtsentwicklung-wie-lehrkraefte-knacknuesse-im-unterricht-loesen/ - ich bin eben ein LUUISE-Coach, der überzeugt ist, dass das Verfahren auch für selbstständig agierende Schüler:innen, also SchüLehr:innen, ausbaufähig ist.

Da Crunchy aber nur eine spezielle Form von Feedback ist, kann seine Rolle von Feedy übernommen werden. 

 

7 Um deinen Schüler:innen die Ernsthaftigkeit des Konzepts zu vermitteln, schicke deine erste Crew auch gerne in die professionelle Welt des Agilen außerhalb der Schulmauern. https://www.tiba.de/agile-teams-rollen-agiles-projektmanagement/ Dann merken sie sehr schnell, dass sie mit der Brain Travelling Tour und ihrer Wurmloch-Strategie samt den Rollen der wirksamen Fünf kein Pillipalli veranstalten, sondern echte Zukunft ihres eigenen aktiven Lebens. Die Tour vermittelt, wie es sich anfühlen kann, wenn man die eigene Bildung selbst in die Hand nimmt und die Lehrperson zum persönlichen Personal Coach wird.

 

8 Die Wurmloch Crew bekommt zwei Ziele mit auf den Weg: Den Schulstoff für das nächste Kapitel schneller erarbeiten als die Klasse, um dann als Assistenz (SchüLehr:innen) zu agieren. Da die ganze Klasse mit dem Konzept vertraut ist und die Wurmloch-Crew bewusst von allen ins Wurmloch geschickt wurde, agieren hier auch nicht die „Streber“, sondern die Vorkämpfer. :-)

Das zweite Ziel: Die Crew soll von ihren Erfahrungen im Wurmloch berichten und Lust darauf machen, dass sich auch andere Crews finden, die das Experiment wagen. Da es sich um ein entwicklungsorientiertes Experiment handelt, müsst ihr (Die SchüLehr:innen und du) mit Flexi und Feedy zusammen selbst entscheiden (je nachdem, wie sich alles entwickelt), wie es weitergehen soll, wie lange eine Wurmloch- Runde für euch idealerweise dauern sollte, wie man das SchüLehr:innen-Einsatz optimieren kann und und und.

 

9 Das Gesamtziel der Konzepts heißt: Alle Schüler:innen sollten mit eigenen Brain Travelling Heften arbeiten, denn Feedback ist einfach das A&O des erfolgreichen Lernens. Die Wurmloch-Crews, die es gewagt hatten, selbstständig und schneller als die Klasse Lernstoff zu erarbeiten und damit erfolgreich waren, werden einen völlig anderen Blick auf Unterricht bekommen. Und damit bekommt dein Unterricht vollautomatisch eine andere Qualität. Egal wie viele Wurmloch-Crews du aus dem Klassenverband losschicken kannst. 

 

10 Dein persönliches Ziel muss es sein, nicht mehr, sondern weniger Einsatz bringen zu müssen und die Zeit, die bei dem Konzept für dich herausspringt, für LOOUIS-Konzepte für Sorgenkinder zu verwenden. Denn ganz klar: Der Idealfall, dass man, nachdem alle Schüler:innen einer Klasse SchüLehr:innen-Profis geworden sind, den kompletten Unterricht auf ganz andere Beine stellen kann, ist ohne einen sehr hohen Lehrereinsatz nicht - zumindest nicht in den allermeisten Klassen - umzusetzen. 

 

11 Die Tour-Idee samt Wurmloch-Strategie soll allerdings niemand davon abhalten, wenn er oder sie infiziert wurde, alles ins Zeug zu legen, sich z.B. in Konzepte wie eduScrum einzuarbeiten https://schuleunddigitalitaet.phtg.ch/fileadmin/dateiablage/Landingpage_Schule_Digitalitaet/Dokumente/EduScrum/EduScrum_Workbook.pdf und mit der weltweit erprobten Methode von Willy Wijnands Schule der Zukunft zu erforschen. Oder LOOUIS in der erprobten erfolgreichen Methode von LUUISE https://www.fhnw.ch/de/forschung-und-dienstleistungen/paedagogik/institut-weiterbildung-und-beratung/integrierte-schul-und-unterrichtsentwicklung-luuise als Lehrperson aktiv einzusetzen.

 

12 Allerdings empfehle ich - auch für den eigenen Unterricht und das eigene Vorgehen der eigenen Unterrichtsentwicklung - auch ohne Brain Travelling Tour: Testet einmal die wirksamen Fünf in eurem eigenen Unterrichts-Alltag. Sie sind vielfältig einsetzbar und tatsächlich sehr wirksam. John Hattie lässt grüßen.

 

Liebe Grüße

Otto Kraz