Weit im Winkl 1.0
Zur Grundlage 1: "Jeder Mensch kann selbstbewusst seinen adäquaten Platz .... "Soll heißen: Weit im Winkl musste zwangsläufig die gesamte Erziehungsabfolge
Elternhaus-Krabbelstube-KiTa-Kindergarten-Grundschule-Laborschule in ein Gesamtkonzept packen. Die Idee war klar und funktionierte sehr schnell. Schon im dritten Jahr nach der Abkopplung von
Stuttgart und im zweiten Jahr der Neuntklässler-Outdoor-Learning hatte man genügend fähige Jungmultiplikatoren dieses Gesamtkonzepts, dass man den Arbeitsbereich "Pädagogische Regio-Vernetzung"
für Neuntklässler/innen anbieten konnte. Mit durchschlagendem Erfolg. Denn während in den normalen Gymnasien Neuntklässler als schwierig beschulbar gelten, nannten die Weit im Winkler ihre
Neuntklässler/innen bald liebevoll den "Turbojahrgang". Hier wurde das Prinzip, Schüler/innen ernst zu nehmen, nicht mehr in Frage gestellt, weil sie im Berufsleben außerhalb der Schule
vollautomatisch ernst genommen werden mussten. Sie entwickelten sich sehr schnell zum Aushängeschild der kleinen Grenzregion. Denn sie waren natürlich auch erkennbar an ihren bunten Shirts, die
sich jeder Jahrgang neu entwickelte. "NEUN, was sonst" prangte selbstbewusst auf einem Logo. Oder "NEUN rockt Weit im Winkl" auf einem anderen. NEUN traf man im Kindergarten und im Altersheim, im
Supermarkt und im Straßenbau, in Designbüros und im Krankenhaus, im Rathaus wie im Sportverein ... und auch in der Schule selbst - als Lehrer für die Kleinen ... kurzum: Die NEUN hinterließ
echte Spuren. Und da man schon im zweiten Jahr nach der Abkopplung auch die Werkrealschule und die Realschule "eingepackt" hatte, weil das Konzept alle überzeugte und die Neuner das Übrige taten,
war die Laborschule zwei Jahre nach der ersten Abkopplung schon zweizügig und damit waren es jedes Jahr gut 50 junge dynamische Menschen, die in der Gemeinde zeigten, zu was junge Menschen fähig
sind, wenn man sie fordert und lässt.
Weit im Winkl 2.0
Mein Aha-Moment für die Neuner kam bei „Wild am Faust“ … wir hatten für die Aufbesserung der Schulstiftungskasse ein Gala-Menü angeboten … ein Kollege war Jäger und eine Schüler-Mutter war Hotelchefin in einem renommierten Hotel vor Ort. Sie coachte damals 30 Neuntklässler:innen in Sachen Bedienen, Besteck auflegen, von der richtigen Seite nachgießen, Profi sein ….
Ich selbst hatte zwei neunte Klassen in Physik unterrichtet … viele ohne wirklich große Lust auf dieses Fach. 😎
Ich saß am Tisch und staunte mich platt: Da kamen also meine sonst so unmotivierten Neuntklässler:innen mit solcher Selbstverständlichkeit als erwachsene Menschen aus dem Servicebereich an unsere Tische, dass es mir irgendwie die Sprache verschlug. Es war eine spontane Blickwinkeländerung von Neuntklässler:innen in meinem Physikunterricht auf Profiserviceleute. Wir haben „Wild am Faust“ noch einige Male veranstaltet und es waren immer die Neuner, die wir zu Servicepersonal coachen ließen. Am Ende ein wirklich gefragter Job. Daher kam bei der Entwicklung der Laborschule diese Idee, die Neuner aus der Schule herauszunehmen und arbeiten zu lassen. Perspektivenwechsel lernen. Ja ich denke, die Schulzeit von bis zu 13 Jahren am Stück ist einfach zu lange für unser menschliches Bedürfnis, das was wir lernen auch einsetzen zu können. In 100 Jahren wird man sicher diese Idee von kleinen Projektwochen in größere Unterbrechungen im Schulalltag vorfinden.