Weit im Winkl 1.0
Der Start in die Laborschule
2023, also nach 10 Jahren, war es keine Frage mehr. Das System war komplett durchgewachsen, Kindergarten und Grundschule in Weit im Winkl war komplett auf die Laborschule ausgerichtet. Die Grenzen waren überall fließend. Die Pädagogik war gemeinsam weiterentwickelt worden. Auch die Grundschule hatte sich zwei Jahre nach der erfolgreichen Loslösung des Laborgymnasiums von Stuttgart ihre Drähte gekappt, war auch teilautonom geworden. Und auch bei diesem Vorgang bemerkte das Kultusministerium nichts. Nur ein kleines Rauschen im großen Schulnetz. Nicht mehr. Die beiden Kindergärten hatten es einfach. Einer war von der Gemeinde, einer kirchlich. Und da Pfarrer und Bürgermeister im Schulrat saßen, das hatte man von der Schweiz als positives Beispiel abgekupfert, hielten alle dicht. Die schwierigste Anfangsaufgabe war es, die Eltern davon zu überzeugen, dass ihre Kinder keinen Schaden nehmen würden. Aber DVAs sei Dank, also den zweijährlichen Vergleichsarbeiten, die in ganz Baden-Württemberg geschrieben wurden, war schnell klar : Die Laborschule toppt alle Prognosen.
Trotzdem: In den ersten 6 Jahre hatte man immer parallel zum komplett neuen Stil des Lernens eine kleine "historische" Klasse gebildet. Zuerst in der 5. bis 7. Klasse, dann genügte es aber schon nach zwei Jahren, die 5. Klasse mit einer Old-Style-Gruppe zu versehen. Das war der ganz normale Wahnsinn von Schule, wie sie jeder kennt. Mit dem Gefühl, Schule wäre doof und unnütz und die Lehrer ungerecht. Weil hier alles beim Alten blieb. Klassenarbeiten, Hausaufgaben, Noten, alles. Nach 6 Jahren waren es wirklich nur noch Einzelschüler, die man sowieso besonders betreuen musste. Quasi erweiterte Inklusion. Und Inklusionsgelder für Betreuungsdeputate gab es ja aus Stuttgart. Man war ja dafür immerhin nur halbautonom. Nach zehn Jahren sprach niemand mehr von einzelnen Problemen. Sie gehörten dazu und waren kein Problem.
Weit im Winkl 2.0
Die fiktive Laborschule war mit Weit im Winkl komplett verknüpft. Schule in 100 Jahren wird Teil der gesamten Gesellschaft sein. Lehrpersonen on Demand aus allen Bereichen kommen, auch aus der Ruhestandsecke. In den früheren bäuerlichen Großfamilien waren die Großeltern Teil der familiären Aufgabenstellung. Diesen aktuellen „Ruhestand“, in dem man durch verbesserte Medizin immer noch älter wird, kann sich irgendwann keine noch so reiche Gesellschaft leisten. In 100 Jahren wird wird Ruhestand einen anderen Klang haben. Eher wie aktiver Unruhestand.